Mehrgenerationenhaus Mosbach e.V.
Kindertagespflege NOK
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74821 Mosbach
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ALLTAG IN DER KINDERTAGESPFLEGE
 
 

Liebe Gäste,
ich bin jetzt bereits seit 8 Jahren als Tagesmutter tätig und möchte Ihnen einen kleinen Einblick in meinen Tagesablauf geben. Ich sage ganz bewusst „meinen“ Tagesablauf, denn genauso individuell jede einzelne Familie ist, wird auch der Tagesablauf in den einzelnen Tagespflegefamilien unterschiedlich sein.

Auch möchte ich gleich zu Anfang betonen, dass ich meinen Beruf- denn das ist die Kindertagespflege für mich- sehr gerne ausübe und mir meine Tageskinder richtig ans Herz gewachsen sind. Zudem macht die Zusammenarbeit mit den Eltern sehr viel Spaß und ist eine wichtige Voraussetzung für ein gutes Miteinander.

Dienstagmorgen, sechs Uhr, irgendwo im Neckar-Odenwald-Kreis:

Der Wecker klingelt. Mein Tag beginnt. Eine echte Herausforderung für einen Langschläfer und Morgenmuffel wie mich. Aber es hilft nichts, ich muss aufstehen, das erste Tageskind steht gleich vor der Tür. Ich tröste mich mit dem Gedanken, dass einige meiner Kolleginnen schon viel früher auf den Beinen sind um Tageskinder in Empfang zu nehmen oder gar von Zuhause ab zu holen.

 Manchmal sind die Kinder auch übers Wochenende oder über Nacht bei uns, wenn es die Arbeitszeiten der Eltern erfordern; denn die Kindertagespflege ist eine sehr flexible und familiennahe Betreuungsform, bei der die Tagesmutter versucht, so weit wie möglich auf die Wünsche der Eltern und auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen.

Kurze Zeit später ist auch schon Leben in der Bude;  ( Meine Familie hat fluchtartig das Haus verlassen; Nein- Natürlich nicht! Ohne die Zustimmung und Unterstützung meiner Familie wäre meine Arbeit gar nicht möglich. Denn durch die Betreuung in den eigenen vier Wänden gibt die gesamte Familie der Tagesmutter sehr viel Privates preis und muss ab und an auch mal die eigenen Wünsche etwas hinten an stellen!)  Also-- Meine eigenen Kinder sind in der Schule, mein Mann ist bei der Arbeit. Jetzt geben zwei Kleinkinder den Ton an, Marie (15 Monate) und Ben(20 Monate). Etwas später wird auch noch Tim, unser Jüngster (12 Monate) zu uns stoßen. Dann sind wir für heute Morgen komplett. ( An manchen Tagen sind alle Tageskinder gleichzeitig anwesend, an anderen nur ein oder zwei, je nach Bedarf der Eltern. Und kein Tag verläuft genau wie ein anderer.)

Die Kinder bewegen sich in unserer Wohnung genauso sicher wie daheim bei ihren Eltern. Sie haben ihre bevorzugten Spielsachen (zur Zeit sind es Bagger, Laster und Radlader ; wir haben nämlich eine große Baustelle vor dem Haus! Marie liebt das „Bällchenhaus“ mit den vielen bunten Bällen, die man so schön durch die Gegend schmeißen kann! ), jedes Kind besteht auf seinen eigenen Sitzplatz, Lätzchen, Zahnputzsachen, etc. Eben genauso wie zu Hause.

Unsere Wohnung ist ziemlich kindersicher. Die Treppen sind mit Türen gesichert, der Kamin für die Kleinen nicht erreichbar, die Schranktüren sind ebenfalls mit Riegeln versehen. Besucher schütteln manchmal den Kopf, wenn sie das erste Mal zu uns kommen, aber ich habe mich damit abgefunden, dass ich oftmals nur im “Storchengang“ durch meine Wohnung gehen kann. Und die Vorstellung von einer perfekt aufgeräumten und sauber geputzten Wohnung habe ich schon längst aufgegeben. Jeder, der selbst kleine Kinder hat, weiß, wovon ich rede. Die Hausarbeit wird bei mir übrigens abends und am Wochenende erledigt und nicht wie manchmal unterstellt, während der Anwesenheit der Tageskinder. Ab und zu wird mal gesaugt, wenn das Chaos zu groß ist, aber das gehört in einer Familie halt auch dazu.

Die Kleinen haben ihren Spaß daran, gemeinsam laut singend und tanzend durch die Wohnung zu toben. Eine Weile erfreue ich mich daran, aber irgendwann wird es mir dann doch etwas zu laut und ich versuche, sie für etwas anderes zu begeistern. Gemeinsam bemalen wir ein großes Blatt Papier, bekleben es mit bunten Papierschnipseln und singen ein lustiges Lied dazu. In unserer kleinen Gruppe macht das richtig Spaß, es bleibt genügend Zeit , auf die einzelnen Wünsche und Vorstellungen der Kinder einzugehen und trotzdem lernen auch schon die Kleinen, Rücksicht zu nehmen und können soziale Kontakte knüpfen.

 Eigentlich wollte ich heute mit den Kindern basteln( ich habe dafür alles am Abend zuvor vorbereitet), aber entgegen den Voraussagen des Wetterberichts scheint die Sonne und es ist herrlich warm. Also nichts wie raus in den Garten! Marie stürmt in den Sandkasten, Ben will aufs Trampolin und Tim---- Tim hat eine volle Gießkanne Wasser erwischt! Na super- das ganze Kind klatschnass! Zum Glück ist es warm, so dass er nur mit Windel bekleidet zu Marie in den Sandkasten kann, solange seine Kleider in der Sonne trocknen.

Der Vormittag vergeht recht schnell; die Kinder spielen, der Kleine macht ein kurzes Schläfchen im Kinderwagen, zwischendurch wird jedes einzelne Kind bei Bedarf gewickelt und eine kleine gemeinsame Zwischenmahlzeit gibt es natürlich auch. Nebenbei muss ich noch ein wichtiges Telefongespräch mit dem Jugendamt führen (5 Jahre sind um, meine Pflegeerlaubnis muss erneuert werden!) und darf nicht vergessen, dass ich auch noch etwas mit der Krankenkasse zu regeln habe. (Eine Sekretärin wäre toll!)

 Gegen 12 Uhr werden Marie und Ben von ihren Müttern abgeholt; Tim bleibt heute bis 16 Uhr. Jetzt ist es Zeit, das Mittagessen vorzubereiten, denn gekocht wird täglich frisch (selbstverständlich nach den bestehenden Hygienevorschriften!) und das Essen muss auf dem Tisch stehen, wenn die eigenen Kinder hungrig von der Schule kommen.

Zum gemeinsamen Essen gesellt sich noch der 11jährige Felix, der 4mal die Woche nach der Schule zu uns kommt( und das nun bereits seit 5 Jahren und meine Kinder schon als seine Geschwister ansieht ). Die gemeinsamen Mahlzeiten sind ein wichtiger Bestandteil in unserem Tagesablauf. Jeder kann von seinen Erlebnissen und Problemen erzählen, es wird diskutiert und gelacht und jeder darf mitbestimmen, was am nächsten Tag gekocht wird. Außerdem werden die Aufgaben für den Tag verteilt (Spülmaschine ausräumen, Tisch abdecken, Müll wegbringen, etc.). Auch Felix hat seine Aufgabe, denn solange er in unserer Familie ist, wird er auch wie ein Familienmitglied behandelt. Dennoch bleibt die meiste Arbeit an mir hängen.

Während ich den Kleinen zum Mittagschlaf hinlege, beginnen die Kinder mit den Hausaufgaben.  Ein täglicher Kampf!  Felix muss heute eine Fantasiegeschichte schreiben, hat natürlich keine Lust dazu und noch weniger Ideen, was er schreiben soll und nach kurzer Zeit ist die gute Stimmung dahin. Wir versuchen ihm zu helfen, geben Tipps, machen Vorschläge und raufen uns die Haare. Ausgerechnet jetzt klingelt auch noch das Telefon; es ist Tims Mutter, die mir mitteilt, dass sie länger arbeiten muss und deshalb ihr Kind mal wieder nicht pünktlich abholen kann.(Na hoffentlich kommt sie vor 19 Uhr, denn da möchte ich zu einer Fortbildung, die ich regelmäßig berufsbegleitend besuchen muss!).

Aber zurück zu den Hausaufgaben: Nach langer Diskussion hat unsere Älteste die rettende Idee, die sogar endlich auch von Felix akzeptiert wird. Er schreibt seinen Aufsatz ins Heft, begleitet von meinem“ Gemecker“( „Schreib doch bitte etwas schöner, das kann doch kein Mensch lesen!“),diskutiert noch eine Weile ,ob man Vokabeln wirklich lernen muss und zieht dann mit meinen Kindern ab in den Garten.  Vokabeln müssen gelernt werden!

Einmal tief durchatmen, dann ab ins Küchenchaos und an die Arbeit. Genau jetzt ist Tim wieder wach und fordert meine ganze Aufmerksamkeit: wickeln, anziehen und bei den noch wackeligen Gehversuchen unterstützen, Türmchen bauen, Bauklötze sortieren, etc.

 Irgendwie habe ich ein komisches Kratzen im Hals, ich werde doch wohl nicht krank werden?! Das kann ich mir nicht leisten, denn eine Vertretung ist sehr schwer zu finden, da die meisten meiner Kolleginnen aus dem Dorf es vorgezogen haben, in einen anderen Beruf zu wechseln, bei dem sie als Angestellte besser abgesichert sind und außerdem bekomme ich dann ja auch kein Geld.     Apropos Geld- gab es da nicht eine Diskussion über einen Mindestlohn ? - Ah nein, ich bin ja selbständig, da gilt das nicht!

 Felix kommt murrend aus dem Garten. Seiner Meinung nach hat er genügend Frischluft getankt und außerdem beim Fußball gegen seinen „Tagesbruder“ verloren. Er will seine Ruhe haben und schnappt sich seinen Nintendo. Alle Versuche meinerseits, ihn zu einem gemeinsamen Spiel zu überreden, scheitern. Also lasse ich ihn eine halbe Stunde spielen (das wurde natürlich zuvor mit seiner Mutter abgeklärt) bevor ich den Gameboy wieder an mich nehme. Eigentlich würde ich noch gerne einen kleinen Spaziergang mit den Kindern machen, aber da ich nicht genau weiß, wann Tim abgeholt wird, bleiben wir in der Nähe des Hauses und sammeln Blätter und Kastanien, die wir immer gut zum Basteln gebrauchen können.

Gegen 17.30 Uhr ist es dann soweit: Tims Mama ist endlich da! Total abgehetzt und entnervt nimmt sie ihr Kind in Empfang. Bei einer Tasse Tee erzähle ich ihr von unserem Tag, höre mir ihre Sorgen an und bespreche mit ihr die nächsten Betreuungstermine. Nachdem sie und Tim gegangen sind, ist auch Felix wieder ansprechbar. Wir einigen uns auf darauf, zusammen mit meinen Kindern, sein Lieblingsspiel zu spielen und haben eine Menge Spaß, bis auch er gegen 18.30 Uhr abgeholt wird.

Alle Tageskinder sind aus dem Haus- Feierabend!  Weit gefehlt! Jetzt noch schnell die Spielsachen aus dem Weg räumen , die Küche endlich sauber machen ,PC an, Betreuungsstundentabelle fürs Jugendamt ausfüllen, eigene Termine (soweit möglich) noch abklären, ein lautes „Tschüß“ für Kinder und Mann und mit einer Scheibe Brot in der Hand zur Fortbildung hetzen. Ich bin mal gespannt, ob es heute wieder irgendwelche Neuregelungen oder Verordnungen gibt; oder vielleicht hat doch noch jemand bemerkt, dass bei der letzten „Gehaltserhöhung“ leider vergessen wurde die Betriebskostenpauschale auch zu erhöhen, so dass mein Mehrverdienst am Ende des Jahres nur beim Finanzamt landet!?  Na ja, ich lass mich mal überraschen. Auf jeden Fall freue ich mich darauf, meine Kolleginnen zu treffen und mich mit ihnen über meine Arbeit und die vielen Erlebnisse aus zu tauschen. Und bin immer wieder erstaunt, dass es bei anderen noch viel anstrengender ist, weil sie oft auch Kinder aus sozial sehr schwierigem Umfeld betreuen und dadurch vor ganz andere Probleme gestellt sind wie ich. Und trotzdem lieben wir alle „unsere“ Kinder und unsere Arbeit.

Später am Abend falle ich ziemlich erschöpft und müde in mein Bett; aber ich bin glücklich: meine Arbeit macht mir Spaß und der Tag verlief ohne größere Katastrophen. Eben ein ganz normaler Tag.

 Mittwochmorgen, 6 Uhr, der Wecker klingelt. Mein Tag beginnt…